Hans Girod - Das
Skelett im Wald
Unbekannte und vergessene Kriminalfälle
aus der DDR
Taschenbuch (ca 256 S.) - Verlag Das Neue
Berlin
Erscheinungsdatum: 2005
ISBN: 3-360-01259-3
1. Auflage
Zum Buch
Eigentlich sollte die Buchreihe über
ungewöhnliche Gewaltverbrechen, die sich in der DDR zugetragen
haben, mit dem Band "Blutspuren" abgeschlossen werden.
Jedoch lassen viele Anfragen und Diskussionen ein nicht erloschenes
Leserinteresse an kriminalistischen Sachbüchern, vor allem
an speziellen Berichten über die Gewaltkriminalität
im Land des Sozialismus, erkennen. Auch wenn der Autorenkreis,
der sich mit der fallbezogenen Retrospektive auf die DDR-Kriminalität
beschäftigt, inzwischen größer geworden ist, besteht
offenbar noch immer ein ungebrochenes Informationsbedürfnis
der ehemaligen DDR-Bürger, endlich über jene Fälle
aufgeklärt zu werden, über die wenig oder überhaupt
nichts bekannt ist, und die dennoch zu den Realien des DDR-Alltags
zählten.
Deshalb wurde die Anregung des Verlags aufgenommen, dem kleinen
Pitaval über die ungewöhnlichen Gewaltverbrechen in
der DDR einen weiteren Band hinzuzufügen.
Auch diesmal geht es um verschwiegene, vergessene,
zumindest kaum bekannte Kapitaldelikte. Es wird über die
kriminogene Entwicklung innerhalb zwischenmenschlicher Konflikte
und ihre unvernünftigen, absurden Lösungen berichtet,
über Unfälle, die aus Angst als Mord verschleiert werden
und damit weitaus größere rechtliche Konsequenzen nach
sich ziehen, über tatrelevante ungestüme Gemütsaufwallungen
und die sich aus ihnen ergebenden psychiatrisch-rechtlichen Probleme,
über tödliche Habgier und die kriminellen Folgen sexueller
Triebhaftigkeit, aber auch über die Gründe, die Unschuldige
rasch in den Strudel einer Beschuldigung geraten lassen:
Ein Familienvater vergewaltigt eine junge Frau, tötet sie
aus Angst vor einer Anzeige und vergräbt ihren Leichnam im
Wald. Fast scheint der Fall vergessen, bis Kinder die sterblichen
Überreste finden und so die polizeilichen Ermittlungen in
Gang setzen. Ein Anderer verstrickt sich sukzessive in einem Geflecht
aus Lügen und selbstverschuldeten Konflikten und bestätigt
mit einem Doppelmord den Grundsatz von der kriminologischen Gleichförmigkeit,
nach dem viele Täter in Konfliktsituationen vor vernünftigen,
einfacheren Lösungen zurückschrecken.
Stattdessen bevorzugen sie falsche, oft irrationale Bewältigungsstrategien,
die verheerende Auswirkungen zeigen. Wieder ein anderer tötet
seine Ehefrau, vergräbt ihre Leiche, täuscht erfolgreich
einen Suizid vor und lebt fast zwanzig Jahre unbehelligt und in
neuer Ehe, bis ein zufälliger Knochenfund ihm zum Verhängnis
wird. Ein Jugendlicher tötet aus tiefem Hass seine Mutter,
die ihn von kleinauf auf abscheuliche Weise sexuell missbraucht.
Da hält ein unbekannter Serientäter, der Frauen überfällt,
beraubt und beinahe tötet, jahrelang eine ganz Stadt in Atem
und die Polizei auf Trab, ehe man seiner habhaft werden kann...
In zehn Kapiteln werden fünfzehn authentische
Fälle behandelt, die aus jeweils unterschiedlichem Blickwinkel
weitere Einblicke in die Erscheinungsformen und Begehungsweisen
dieser speziellen Deliktkategorie vermitteln, aber auch das kriminalistische
Vorgehen auf dem mitunter langen und steinigen Weg zur Wahrheit
skizzieren. Erneut bestätigt sich, wie brüchig die Fassade
menschlicher Beziehung sein kann, wenn psychosoziale Verwahrlosung
und enthemmender Alkoholgenuss, aber auch Egoismus, Eitelkeit,
Habgier, ihre destruktive Wirkung entfalten, und wie Täter
und Opfer im Konfliktstrudel gleichermaßen untergehen.
Der Leser wird mit den teilweise trostlosen Lebenswegen der Täter
bekannt gemacht, die - bei aller Unterschiedlichkeit der Taten
- in vielen Fällen auffällig ähnlich verlaufen
und von fragwürdigem Erziehungsmilieu, Verhaltensstörung,
ausgekühlter Emotionalität, mangelhafter sozialer Integration
und Bindung ebenso geprägt sind wie von Alkoholismus, Aggressivität
und fehlender normgerechter Lebensperspektive. Neben den Psychogrammen
der Täter und der Beschreibung der jeweiligen Tatentwicklung
steht das erfolgreiche untersuchungsmethodische Vorgehen der Kriminalpolizei
bei der Beweiserlangung im Vordergrund, wobei spurenkundliche
Spezialitäten nicht zu kurz kommen sollen.
Aber auch Fehlschläge in der Untersuchung sind Gegenstand
des Buches. An realen Vorkommnissen wird gezeigt, wie leicht durch
verschleiernde Täterhandlung verbrecherische Hintergründe
bei Vermisstenfällen verkannt und dadurch die Ermittlungsprozesse
beeinträchtigt werden, ehe - zumeist zufallsbedingt - Korrekturen
möglich sind. Bei anderen geht es um die fallspezifischen
Gründe für falsche Beweise oder irrige Tatsachenbewertungen,
die sehr rasch zu fatalen rechtlichen Entscheidungen führen
und Unschuldige hinter Gitter bringen. Gewöhnlich nennt man
sie Justizirrtümer, die überall dort vorkommen können,
wo Recht gesprochen wird, deren Keimzellen aber fast immer im
polizeilichen Ermittlungsverfahren liegen.
Andere Fallschilderungen widmen sich den unterschiedlichen tatrelevanten
Affekten, deren Beurteilung schon zu allen Zeiten moderner Rechtsprechung
besonders hohe Ansprüche an Sachverständige und Richter
stellt.
Ingesamt wurden solche Fälle ausgewählt,
die kriminalistisch und kriminologisch Ungewöhnliches in
sich vereinen, die aber auch durch einen kurzen Blick auf den
herrschenden Zeitgeist die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
widerspiegeln, in denen sich die beschriebenen Verbrechen ereigneten.
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