Die Kriminalstatistik
der DDR registrierte über Jahrzehnte eine für internationale
Verhältnisse erstaunlich gleichbleibend geringe Kriminalitätsrate.
So lag die Belastungsziffer pro Jahr durchschnittlich bei 750
Straftaten pro 100000 Einwohner:
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Zeitraum
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Belastungsziffer
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1950 bis 1959
1960 bis 1969
1970 bis 1979
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
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878
776
739
730
720
735
715
681
666
690
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Im Vergleich dazu lag die Kriminalitätsbelastung
anderswo beträchtlich höher, wie folgende Länder
ausweisen:
Großbritannien
Bundesrepublik
Frankreich
Österreich
Italien
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7031 Straftaten
pro 100000 Einwohner
6755
6724
5186
3466
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Beispielsweise wurde
- bezogen auf 100000 Einwohner - in der DDR jährlich nur
1 vorsätzliches Tötungsverbrechen verübt. Die Häufigkeit
für diese Deliktgruppe überstieg in der Bundesrepublik
dagegen das fünffache.
Im internationalen Vergleich schnitt daher die DDR mit ihrer geringen
Kriminalitätsbelastung sehr günstig ab.
Dafür gab es verschiedene
Gründe
Der Ehrgeiz der SED und der DDR-Regierung
lag darin, nachzuweisen, dass die Kriminalitätsbelastung
unter sozialistischen Bedingungen gesetzmäßig ständig
abnahm. Zentralistische Verwaltungsstrukturen, hohe Polizeipräsenz,
ein enges Netz an gesellschaftlichen Sicherheitssystemen, nahezu
perfekte Personenkontrollen, ein ausgefeiltes polizeiliches Meldesystem
und geschlossene Grenzen führten über die Jahre hinweg
in der Tat zu einem Rückgang der Kriminalität, selbst
wenn statistische Angaben, wie allenthalben üblich, gelegentlich
durch ausgeklügelte Zuordnungen verfälscht wurden.
Für das internationale Verbrechen blieb
die DDR wenig attraktiv. Ganze Deliktgruppen der organisierten
Kriminalität wie Drogenhandel, Geiselnahme, länderübergreifende
Wirtschaftsdelikte usw., deren beängstigendes Ausmaß
heute bereits eine ernste Gefahr für die Gesellschaft bedeutet,
fehlten deshalb im Kriminalitätsbild der DDR.
Bestimmte Formen häufig auftretender
Delikte mit geringem Schaden, einfachen Begehungsweisen und geringer
Tatintensität wie z.B. unberechtigte
Kraftfahrzeugbenutzung, Hausfriedensbruch, einfacher Diebstahl,
Sachbeschädigung, wurden Verfehlungen genannt. Sie waren
keine Straftaten und blieben daher außerhalb der Kriminalstatistik.
Verfehlungen wurden, wie im Falle kleiner Ladendiebstähle,
durch die, wie es in der entsprechenden Verordnung hieß,
"leitenden Mitarbeiter der Verkaufseinrichtungen" selbst
geahndet oder es entschieden über sie die sog. Gesellschaftlichen
Gerichte (Schiedskommissionen in den Wohngebieten oder betriebliche
Konfliktkommissionen).
Die geringe Kriminalitätsbelastung
erklärt sich aber auch aus dem humanistischen Anspruch der
DDR, die Kriminalität schrittweise aus dem Leben der Gesellschaft
zu verdrängen, der, wenn er letztlich eine Vision bleiben
musste, immerhin vielfältige, ehrliche Bemühungen hervorbrachte.
Schließlich wurden
mit der Ablösung des seit 1871 in Deutschland gültigen
Strafgesetzbuches durch das 1968 in Kraft getretene sozialistische
Strafgesetzbuch der DDR andere, gemeinhin traditionell eigenständige
Tatbestände, wie z. B. die Prostitution oder die Kindestötung,
die nicht in das Bild der sozialistischen Menschengemeinschaft
passten, aus ideologischen Gründen kurzerhand dadurch kaschiert,
dass man sie in anderen, unverfänglichen Tatbeständen
wie asoziale Lebensweise oder Totschlag untergehen ließ.
Systemtypische Delikte, die vorrangig den Schutz der Staatsordnung
und der Wirtschaft betrafen, auf die die sozialistische Rechtsordnung
besonders sensibel reagierte, bereicherten hingegen das Strafgesetzbuch.
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